Blauen Steine Naturpark
Die Stadt Sliven befindet sich 300km östlich von Sofia und 100km westlich von Burgas. Die „Blauen Steine“ (Sinite Kamani) haben sich zu einem Inbegriff für die Stadt Sliven etabliert. „Sinite Kamani“ ist der Name eines sich vor den Toren der Stadt erhebenden Felsmassivs.
Und eigentlich sind die Felsen und Steine des Massivs gar nicht Blau. Nur bei besonderen atmosphärischen Bedingungen beginnen sie bläulich zu schimmern – meistens am Abend. Eine nüchterne Erklärung für die Farbe der Felsen liegt in ihrer geologischen Zusammensetzung – hier handelt es sich um eines der größten Rhyoltih-Vorkommen Europas.
Das 1980 zum Naturpark erklärte Landschaftsgebiet erhielt den Namen „Blaue Steine“. Heute umfasst der Naturpark eine Fläche von 11.380,6 Hektar und gehört zum Schutzgebietsnetz Bulgariens. Ein Teil des Parkterritoriums – die Gegenden Grebenets und Stidovo – liegen auf der Zugvogelroute Via Pontica.
Der Naturpark „Blaue Steine“ wartet mit sechs Natursehenswürdigkeiten auf – eine der bekanntesten unter ihnen ist das Felsenphänomen Halkata (der Ehering), das aufgrund der Nähe zur Stadt ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen ist.
Auf dem Naturparkterritorium befindet sich zudem das 708 ha große Reservat „Kutelka“, das seit 1986 Schutzgebiet-Status hat. Hier werden Populationen der Waldbuche (Fagus silvatica ssp. moesiaca) sowie die Felsenhabitate zahlreicher Raubvögel geschützt.
Obwohl der Naturpark Sinite Kamani relativ klein ist, zeichnet er sich durch eine hohe Biovielfalt aus. Gelistet wurden 97 Arten niedere Pflanzen, darunter 43 Arten Süßwasseralgen und 54 Arten Flechten. Die höheren Pflanzen zählen insgesamt 1.027 Arten und 29 Subspezies.
Bisher wurden auf dem Parkterritorium 70 Arten und 7 Unterarten endemische, seltene, relikte und geschützte Arten gelistet – darunter Tulipa urumoffii, Colchicum davidovii, Fritillaria pontica, Limodorum аbortivum, Aethionema arabicum, das Große Windröschen (Anemone sylvestris), die Schwarze Tollkirsche (Atropa bella-donna) u. a.
Die Fauna im Naturpark Sinite Kamani ist mit 244 Arten Wirbeltieren und 1.153 Arten Wirbellosen vertreten. Fünf Gruppen der Wirbellosen wurden ausgiebig erforscht, darunter die Schmetterlinge und Spinnen. Aus dem Raum Sliven stammen die ersten Angaben über die Schmetterlinge in Bulgarien (veröffentlicht 1835-37).
Ende des XIX. Jahrhunderts wurde hier der landesweit erste Entomologie-Verein „Svetulka“ (Glühwürmchen) gegründet. 78 Prozent der gelisteten Wirbeltiere fallen unter das Artenschutzgesetz (Gesetz über biologische Vielfalt), 23 Arten sind in der Liste der weltweit vom Aussterben bedrohten Arten erfasst.
Unter den 176 im Park anzutreffenden Vogelarten sind 149 geschützte Arten. Von besonderem Interesse sind die Raubvögel, die in den Felsmassiven des Parks nisten. Der Naturpark „Sinite Kamani“ ist eine der vier Regionen des Landes, die einem weitreichenden Projekt zur Erholung der Gänsegeierpopulation (Gyps fulvus) in Bulgarien angeschlossen sind.
Viele der meist bekannten Parkgegenden sind mit der Vergangenheit von Sliven, aber auch von Bulgarien verbunden – die Gegend Haramya ist ein Inbegriff für die Haiducken-Bewegung. Mit seinen 1.181m über dem Meeresspiegel ist der Balgarka-Gipfel die höchste Erhebung im Ostteil des Stara-Planina-Gebirges (auch Balkangebirge).
Ganz in seiner Nähe erstreckt sich die Gegend Dauli – mit ihrer 300m langen Skipiste ein beliebtes Ausflugsziel im Winter. In der 6km von der Stadt entfernt gelegenen Gegend Ablanovo befindet sich eine der ersten Forstbaumschulen des Landes, die 1898 gegründet wurde.
Eine Asphaltstraße erleichtert den Zugang zum Gebirge – die meisten der erwähnten Gegenden sind leicht mit dem Wagen zu erreichen. Ein offener Sessellift befördert die Touristen in ca. 20 Minuten in den höher gelegenen Teil des Gebirges – die obere Liftstation befindet sich in der Gegend Karandila, ein in diesem Teil des Landes beliebtes sommerliches Ausflugziel.
Durch den Naturpark „Sinite Kamani“ verlaufen über 50 Pfade, die man auf 18 Wanderrouten mit biologischer, historischer oder touristischer Ausrichtung erkunden kann.
Die natürlichen Gegebenheiten des Naturparks bieten gute Voraussetzungen für unterschiedlichste sportliche Betätigungen: Alpinismus und Speläologie, Mountainbiking und Motorsport, Gleitschirmfliegen, Wintersport und Gebirgswandern.
Die Naturparkverwaltung ist um die Einrichtung und Pflege von Rastplätzen, die Markierung und Ausschilderung der Wanderwege sowie um die Einhaltung der Naturschutzregeln bemüht. Besonders im Sommer sind zahlreiche Touristen auf den touristischen Wanderwegen und Alleen unterwegs.
Zudem unterhält die Parkverwaltung zwei speziell angelegte Wanderwege – den Ökowanderweg in der Gegend Mollova Koria sowie den Gesundheitspfad in der Gegend Ablanovo, der speziell für Menschen mit Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats sowie für Sehbehinderte eingerichtet wurde.
Das Informations- und Besucherzentrum des Naturparks „Sinite Kamani“ befindet sich am Fuße des Gebirges, im Südosten von Sliven, am Ausgangspunkt des unter den Slivener Bürgen populären Haiducken-Pfades.
Hier veranschaulicht eine ständige Ausstellung die typischsten Vertreter der lebenden und nicht-lebenden Park-Natur – Sammlungen von Felsgestein, Moosen, Flechten, Herbarien und Insekten.
Fototafeln zeigen die Flora und Fauna, die Natursehenswürdigkeiten sowie die bekannteren Park-Gegenden. Der Naturpark „Sinite Kamani“ zählt zu den 100 gelisteten nationalen Tourismusobjekten.
Auch im Tourismus- und Informationsbüro im Stadtzentrum von Sliven gibt ein Mitarbeiter der Parkverwaltung Touristen und Gästen der Stadt nähere Auskunft über den Park.
Im Naturpark verboten sind die Jagd und das Aufstöbern von Tieren, das Sammeln und Vernichten von Vogeleiern als auch das Beschädigen der Nester.
Sliven, 8802, Bulgaria.